Klarstellung zu angeblicher Erhöhung der Schumann-Resonanzfrequenz

Live Schumann-Resonanz-Chart vom 21. April 2020

Immer wieder wird in sozialen Medien und esoterischen Kreisen behauptet, die Schumann-Resonanzfrequenz der Erde würde sich seit einigen Jahren erhöhen. Dazu werden gern noch ein paar Worte über 2012 und den “Aufstieg der Menschheit” in den großen Topf der Halbwahrheiten geworfen und fertig ist die Desinformations-Suppe.

Bitte richtig verstehen: Den Aufstieg der Menschheit finde ich grundsätzlich gut. Auch Esoterik und Spiritualität interessieren mich. Als Wissenschaftler und Elektrotechnik-Ingenieur habe ich jedoch einen gewissen Anspruch – sowohl was die sachliche Korrektheit von Aussagen zu entsprechenden Themen betrifft, als auch die Schlussfolgerungen, die man daraus zieht.

Einige Menschen sind anscheinend der Meinung, “die Wissenschaft” wäre nicht in der Lage bzw. der falsche Ansatz, um ungewöhnliche Phänomene zu erklären. Oftmals wird von diesen Menschen die Wissenschaft selbst als Hindernis identifiziert, das man zu Erkenntniszwecken besser aus dem Weg räumen sollte. Und sobald jegliche Logik und Vernunft über Bord geworfen sind, kann der frei gewordene Raum mit den abenteuerlichsten Spekulationen gefüllt werden. So etwas kann man zu Unterhaltungszwecken mal machen – selbst unter seriösen Wissenschaftlern – zum Spaß natürlich. Oftmals kommen dabei sogar faszinierende Ideen und vielleicht sogar nützliche Einsichten. Doch würde jeder vernünftige Mensch, den ich kenne, diese Brainstorming-ähnlichen Konstrukte erstmal auf Plausibilität und Anwendbarkeit prüfen, bevor er sie in der Welt verbreitet oder gar zur Grundlage wichtiger Entscheidungen macht.

Auch hier bitte richtig verstehen: Grundsätzlich befürworte ich die Kritik an der etablierten, dogmatischen Wissenschaft. Es gibt viele Bereiche, in denen letztere zu einem starren Glaubenssystem mutiert ist, welches keine wesentlichen Fortschritte und Erkenntnisse mehr zulässt. So ein Konstrukt missbraucht den Namen “Wissenschaft” für etwas ganz anderes. Rupert Sheldrake hat in seinem Vortrag Die Befreiung der Wissenschaft ausführlich auf die vorhandenen Probleme hingewiesen. Trotz dieser Schieflage wäre es auch in diesem Bereich höchst Kontraproduktiv, das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Wissenschaft als Ganzes zu verdammen.

Zurück zu der Schumann-Resonanzfrequenz. Vor einigen Tagen bin ich im Zusammenhang mit Corona auf einen Kommentar bei Youtube gestoßen, in dem u. a. Folgendes behauptet wurde (gekürzt):

 

Als “Ein Experte” bin ich aufklärerisch tätig geworden und habe geantwortet:

Diese “Information” ist grober Unfug.

Die Schumann-Resonanzfrequenz hat sich nicht erhöht.
Mal abgesehen von geringen, zeitlich begrenzte Variationen.

Hier wird alles Mögliche wild durcheinander geworfen.
Für einen ersten Überblick ist dieser Artikel hilfreich:
https://www.urantia-aufstieg.info/schumann-resonanz-und-das-menschliche-bewusstsein/

Immer, wenn jemand von Frequenzen redet, frage ich einfach mal vorsichtig nach, worum es denn eigentlich geht, was denn schwingt.
Wenn die Antwort aus einem verdutzten Gesicht voller Fragezeigen besteht, weiß ich schon, was los ist: Da hat jemand mal wieder etwas nachgekaut, ohne auch nur im Ansatz zu verstehen, worum es geht.
Bei der Schumann-Resonanz geht es um elektromagnetische Felder.

Und beim EEG geht es um pulsierende elektrische Spannungen. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Und zwischen den beiden besteht (nach meinem aktuellen Kenntnisstand) auch kein direkter Zusammenhang, denn die EEG-Frequenzen verändern sich auch bei gleich bleibender Schumann-Resonanz, z. B. durch Schlafen und Meditation.

Übrigens: Bei der Menstruation von Frauen liegt die Frequenz (Periodendauer ca. 28 Tage*) sehr deutlich unter 1 Hz, etwa bei 0,0000004 Hz.
Ist das Virus deswegen für Frauen besonders gefährlich? Weil sie so niedrig schwingen?

Mit aufklärerischen Grüßen,
Ein Experte
spiritueller Wissenschaftler und Berater,
Dipl.-Ing. (FH) der Informations- und Elektrotechnik

Das mit der Schumann-Resonanzquenz ist eigentlich gar nicht so kompliziert. Wie in jedem Bereich ist jedoch ein gewisses Grundwissen erforderlich, um die Zusammenhänge zu verstehen und Begriffe richtig einordnen zu können.

Wer sich nicht die Mühe machen möchte, das entsprechende Grundwissen zu lernen, sollte sich am besten vom Thema fernhalten – sonst wird die Beschäftigung damit zu sinnloser Zeitverschwendung. Ein alternativer Ansatz ist, die gesammelten Informationen mit einem “hat nur Unterhaltungswert”-Etikett zu versehen und entsprechend zu verwenden. Bei anderen Vorgehensweisen holt man sich nur gefährliches Achtelwissen in’s System, wodurch man potentiell sich selbst und seine Mitmenschen verwirrt oder sogar gefährdet.

Wer jedoch ernsthaft an dem Thema interessiert ist, der sollte sich die erforderliche Zeit nehmen, um die Zusammenhänge wirklich zu verstehen und zu verinnerlichen. Das bringt viele Vorteile mit sich, denn die gewonnenen Erkenntnisse über Frequenzen und Amplituden lassen sich mit etwas Kreativität auf vieles im Leben anwenden – nicht nur auf die Schumann-Resonanzen. Auf diesem Weg kommt man zu einem tieferen Verständis und mehr Bewusstheit bezüglich der uns umgebenden Vorgänge.

Fazit: Richtig angewandte Wissenschaft steht uns nicht im Weg, sondern kann sogar bewusstseinserweiternd wirken :-)

Nachtrag (29.10.2020): Eine deutliche Parallele bezüglich der angeblich erhöhten Schumann-Resonanzfrequenz tritt beim Obertonsingen auf. Auch dort bleibt die Grundfrequenz gleich (solange der gleiche Grundton gesungen wird), bestimmte Obertöne werden jedoch verstärkt. Sehr anschaulich ist dieser Effekt in folgendem Video dargestellt, in dem ebenfalls ein Wasserfalldiagramm verwendet wird: https://www.youtube.com/watch?v=UHTF1-IhuC0 In den Diagrammen der Tomsk-Universität ist die Grundfrequenz oben eingetragen (ca. 8 Hz), in dem Obertongesang-Video ist sie unten (277 Hz).

PS: Die Graphen zu den Schumann-Resonanzen stammen von der National Research Tomsk State University in Russland.

* Ich erhielt eine Zuschrift mit dem (durchaus berechtigten) Einwand, die Periode der Frau würde 4-7 Tage dauern :-)

> Guten Tag,
> Der Zyklus einer Frau beträgt um die 28 Tagen. Die Periodendauer 4-7 Tage.
>
> Freundliche Grüsse

Guten Tag auch,

schön, dass Du mir eine Rückmeldung zu meinem Artikel schreibst!
Natürlich hast Du recht.
Ich aber auch ;-)

Der Zeitraum, den Du meinst und als “Periode” bezeichnest,
ist die Menstruation bzw. Monatsblutung:

“… umgangssprachlich auch kurz Periode genannt …”
https://de.wikipedia.org/wiki/Menstruation

Die Periode, die ich meine, ist der Kehrwert der Frequenz.

“Bei einer … sich regelmäßig wiederholenden … Erscheinung ist die
Periode das … zeitliche Intervall, nach dem sich der Vorgang
wiederholt.”
https://de.wikipedia.org/wiki/Periode_(Physik)

Die Menstruation dauert 4-7 Tage (umgangssprachliche “Periode der Frau”).
Und dieses Ereignis wiederholt sich alle 28 Tage (physikalische
Periodendauer).

Ein Wort, zwei verschiedene Bedeutungen. Lustiges Missverständnis :-)

Freundliche Grüße,
Christoph